Jede Nacht träumt der Mensch im Schlaf insgesamt etwa zwei Stunden. Träume können dabei helfen, Erinnerungen an Erlebnisse im Wachzustand zu bilden und Gefühle zu verarbeiten. Forscher vermuten, dass die Deutung und Beschäftigung mit Träumen auch tiefe Einblicke in das eigene Unterbewusstsein verschaffen kann.
Bei einem luziden Traum wird sich der Träumende bewusst, dass er träumt und manchmal den Verlauf des Traums steuern kann. Menschen interessieren sich für das luzide Träumen in der Hoffnung, dass es ihr psychologisches und kreatives Wachstum anregt, ihnen ermöglicht, unmögliche Handlungen wie das Kreieren von Traumwelten auszuprobieren, oder sogar Albträume zu behandeln.
Einige Experten warnen jedoch davor, absichtlich luzide Träume herbeizuführen, bevor nicht weitere Forschung zur Sicherheit des luziden Träumens durchgeführt wurde.
Nun stellt sich die Frage: Wie gefährlich ist luzides Träumen wirklich? Und wer sollte auf Grund der Gefahren lieber die Finger davon lassen?
Risiken des luziden Träumens
Obwohl noch weitere Untersuchungen erforderlich sind, weisen einige Experten darauf hin, dass luzides Träumen unter bestimmten Bedingungen negative Folgen haben könnte. Die beunruhigendsten potenziellen Gefahren des luziden Träumens sind psychologische Probleme und Schlafstörungen.
Bedenken zur psychischen Gesundheit
Es gibt viele Debatten darüber, ob das Hervorrufen luzider Träume für die psychische Gesundheit förderlich oder schädlich ist. Einige Forschende argumentieren, dass das Erzeugen von luziden Träumen absichtlich die Grenzen zwischen Traum und Realität verwischt, und dass dies negative Auswirkungen auf die langfristige psychische Gesundheit haben kann.
In Studien wurde jedoch herausgefunden, dass luzides Träumen bei Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) sogar Albträume reduzieren kann. Obwohl nicht alle Studien zu diesem Thema diesen Befund replizieren konnten, wurde in weiteren Studien herausgefunden, dass luzides Träumen bei Menschen, die sowohl an PTBS als auch an Albträumen leiden, Ängste und Depressionen verringern kann.

Allerdings könnte das luzide Träumen Gefahren für Menschen bereithalten, die von Psychosen geplagt sind. Luzides Träumen ist mit Metakognition verbunden, einer Form der Selbstwahrnehmung, die es erfordert, sich selbst aus einer Außenperspektive zu betrachten. Einige Forscher weisen darauf hin, dass diese Sichtweise des eigenen Ichs in der dritten Person während eines luziden Traums einem dissoziativen Geisteszustand ähnelt.
Dissoziation ist das Gefühl, vom eigenen Körper losgelöst zu sein und Schwierigkeiten zu haben, zu erkennen, was real ist und wird von einigen psychisch Kranken erlebt. Dieser Geisteszustand tritt in der Frühphase der Psychose auf.<br><br>Es sind noch weitere Untersuchungen erforderlich, aber erste Studien deuten darauf hin, dass luzides Träumen sowohl positiv als auch negativ mit Psychosen verbunden ist. Die Forscher gehen davon aus, dass Menschen, die noch nie eine Psychose erlebt haben, vom luziden Träumen profitieren könnten, indem sie psychisch stärker werden.
Umgekehrt könnte das luzide Träumen diejenigen gefährden, die bereits an einer Psychose leiden, indem es ihre innere Realität - in diesem Fall den Traumzustand - realitätsnäher erscheinen lässt.
Forscher einer Studie fanden heraus, dass der absichtliche Versuch, luzides Träumen herbeizuführen, mit Depressionen, Dissoziation, Zwangssymptomen und Symptomen, die für Schizophrenie charakteristisch sind, einhergehen kann. Es ist unklar, ob Menschen mit ähnlichen psychischen Erkrankungen eher versuchen, luzide Träume zu erleben, oder ob das absichtliche Herbeiführen luzider Träume zu den psychischen Symptomen beiträgt, etwa durch einen gestörten Schlaf.
Hier ist die Kausalität nicht nachgewiesen. Von den Menschen, die Klarträume erleben, scheinen diejenigen, die die Erfahrung als positiv und intensiver bewerten, weniger wahrscheinlich unter negativen psychischen Symptomen zu leiden. Somit kann eine positive Grundeinstellung psychische Gefahren und Gefahren im Traum möglicherweise verhindern.
Gefahren der Schlafunterbrechung
Da luzide Träume mit höherer Hirnaktivität verbunden sind, wird vermutet, dass sie die Schlafqualität vermindern und einen negativen Einfluss auf die Schlafhygiene haben könnten. In dieser Hinsicht kann das luzide Träumen als eine hybride Form des Bewusstseins betrachtet werden (Bewusstsein + Schlaf).
Häufige luzide Träume könnten möglicherweise den Schlaf-Wach-Zyklus des/der Schlafenden umstrukturieren, was wiederum die emotionale Regulierung, die Gedächtniskonsolidierung und andere Aspekte des täglichen Lebens, die mit der Schlafgesundheit zusammenhängen, beeinflussen kann. Es bedarf noch weiterer Untersuchungen, um festzustellen, ob ein “wacherer" Schlaf während der luziden Träume den Schlaf weniger erholsam macht. In einigen Studien wurde festgestellt, dass mehr luzides Träumen mit einer schlechteren Schlafqualität einhergeht.
Eine detailliertere Studie ergab jedoch, dass dieser Zusammenhang nicht signifikant war, wenn man die Albträume mit einbezog. Es könnte sein, dass Menschen, die mehr luzide Träume haben, auch mehr schlafstörende Albträume haben, anstatt dass luzides Träumen direkt den Schlaf stört. Darüber hinaus ergab eine andere Studie, dass sich Menschen nach dem Erwachen aus einem luziden Traum tendenziell erholter fühlen.
Die einzige Einschränkung war die folgende: Die Teilnehmer fühlten sich nach dem Aufwachen aus lebhaften luziden Träumen am Morgen weniger erfrischt, da sie den verlorenen Schlaf nicht nachholen konnten. Manchmal versuchen Menschen, luzides Träumen auf eine Art und Weise herbeizuführen, die den natürlichen Schlafzyklus unterbricht und einen fragmentierten Schlaf verursacht. Bei diesen Methoden zur Herbeiführung des luziden Träumens wird der Schlaf oft absichtlich unterbrochen.
Wake Back to Bed (WBTB)
Bei der „Wake Back To Bed“ Methode stellt man sich einen Wecker, um nachts zu erwachen und dann wenig später wieder einzuschlafen. Dadurch landet man einfacher in einem Klartraum, bringt aber auch seinen Schlafrhythmus durcheinander, was zu übermäßiger Tagesmüdigkeit führen kann.
Von den Sinnen initiierter luzider Traum (SSILD)
Wie bei der WBTB-Technik wacht die Person bei SSILD-Technik nach etwa fünf Stunden Schlaf absichtlich auf. Dann wechselt sie ihre Aufmerksamkeit zwischen verschiedenen Reizen, wie Ansichten, Geräuschen und körperlichen Empfindungen, bevor sie wieder einschläft.
Ein berühmtes Beispiel ist die FILD-Technik, bei welcher der/die Träumende mit zwei Fingern abwechselnd auf sein Bett tippt, um über diesen Sinn das Bewusstsein aktiv zu halten.
Externe Stimulation
Mit Hilfe einer anderen Person oder durch technische Hilfsmittel werden dem Schlafenden externe Reize verabreicht, um ihn im Schlaf zur Klarheit zu bringen. In gleicher Weise können Menschen vor dem Schlafengehen Substanzen einnehmen, um die Systeme, die den Schlaf regulieren, direkt zu stören.
Da ein gestörter und unzureichender Schlaf mit einem höheren Risiko für körperliche und geistige Gesundheitsprobleme verbunden ist, warnen Experten davor, dass die häufige Anwendung von Techniken zur Induktion von luzidem Träumen mit Risiken verbunden sein kann.
Tipps für sicheres luzides Träumen
Wenn du luzides Träumen praktizieren möchtest, kannst du die verfügbaren Forschungsergebnisse als Leitfaden nutzen, um die Risiken zu verringern und möglichen Gefahren aus dem Weg zu gehen. Wenn du dir unsicher bist, ob luzides Träumen für dich sicher ist oder nicht, oder wenn du an psychischen Vorerkrankungen leidest, ist es wichtig deine*n Arzt*in, eine*n Schlafmediziner*in oder eine psychiatrische Fachkraft um Rat zu bitten.
Vermeide luzides Träumen, wenn du unter bestimmten Vorerkrankungen oder speziellen Gesundheitszuständen leidest
In erster Linie solltest du wirklich keine Risiken eingehen, wenn du psychische Vorbelastungen hast. Es ist noch mehr Forschung nötig, um vollständig zu verstehen, wie luzides Träumen mit der psychischen Gesundheit zusammenhängt. Solange die Forschung die Auswirkungen des luziden Träumens nicht besser erklären kann, sollten Menschen mit bestimmten Erkrankungen nicht versuchen, absichtlich luzide zu träumen.

Da Techniken zur Induktion des luziden Träumens zu einem fragmentierten Schlaf führen können, sind sie für Menschen, die aufgrund einer Schlafstörung bereits unterbrochenen Schlaf haben, möglicherweise nicht geeignet. Wenn du zum Beispiel unter Dissoziation oder Psychosen leidest, das heißt: wenn du das Gefühl hast, nicht mit dir selbst verbunden zu sein, oder Schwierigkeiten hast, zwischen Fantasie und Realität zu unterscheiden, kann luzides Träumen diese Symptome verstärken.
Verwende keine störenden Techniken zur Einleitung luzider Träume
Nicht alle Techniken zur Herbeiführung luzider Träume beinhalten eine absichtliche Unterbrechung des Schlafs. Wenn du das luzide Träumen ausprobieren möchten, solltest du mit Techniken beginnen, die dich nachts weniger wahrscheinlich aufwecken. Zum Beispiel:
Geräte zum Auslösen luzider Träume
Diese tragbaren Geräte werden wie eine Augenmaske um deinen Kopf geschnallt. Sie überwachen deinen Schlaf mit Hilfe von Sensoren und versuchen dann, Luzidität auszulösen, sobald sie feststellen, dass du dich in einem REM-Schlafstadium befindest. Die verschiedenen Geräte funktionieren unterschiedlich: Einige verwenden Licht, andere Ton als Signal, um die Luzidität während des Traums auszulösen.
Reality Checks (Realitätsüberprüfungen)
Um einen Reality Check durchzuführen, tust du etwas, um festzustellen, ob du wach bist oder träumst, zum Beispiel indem du versuchst einen Finger der einen Hand durch die Handfläche der anderen Hand zu drücken. Alternativ kannst du auch die Finger an deiner Hand zählen. Wenn man im Wachzustand oft genug Reality Checks durchführt, wird dies zu einer Gewohnheit, die sich auf den Traum überträgt. Wenn eine Person dann während eines Traums Reality Checks durchführt, hilft ihr das dabei, zu erkennen, ob sie träumt. Im Traum ergeben die Reality Checks dann nämlich häufig keinen Sinn, zum Beispiel hast du plötzlich sechs Finger.
Mnemonische Induktion von luziden Träumen (MILD)
Das eigentliche Ziel von MILD ist es, sich selbst zu erinnern, dass man träumt, sobald man eingeschlafen ist. Dabei sagt man sich vor dem Einschlafen oft ein Mantra wie: “Ich werde heute Nacht merken, dass ich träume.”
Obwohl diese Technik oft mit einer Unterbrechung des Schlafs verbunden ist, besteht eine andere Möglichkeit darin, den gewählten Satz immer dann zu wiederholen, wenn man auf natürliche Weise einschläft. Welches Mantra du auswählst, liegt bei dir. Es sollte dich in jedem Fall auf einen luziden Traum einstellen.
Meditationen, die luzides Träumen hervorrufen

Meditationen steigern die Achtsamkeit und das Bewusstsein für die eigenen Gefühle und Gedanken. Neben diesen zwei Effekten, die schon von Grund auf beim Erkennen eines luziden Traums helfen können, fokussieren sich Klartraummeditationen oft auf die mnemonische Induktion von luziden Träumen. Sie helfen also dabei, dich auf einen Klartraum einzustellen und ihn gedanklich zu manifestieren.
Das Führen eines Traumtagebuchs
Obwohl diese Methode nicht in allen Untersuchungen als wirksam befunden wurde, berichten viele Menschen, dass das Führen eines Traumtagebuchs dazu beiträgt, die Anzahl der erlebten luziden Träume zu erhöhen. Um ein Traumtagebuch zu führen, schreibst du so viel wie möglich von jedem Traum auf, an den du dich erinnern kannst, sobald du aufwachst, auch wenn du während der Nacht aufwachst. Viele Menschen präferieren mittlerweile auch das Aufnehmen von Audios, da es deutlich schneller geht und einfacher ist.
Hole den verlorenen Schlaf nach

Wenn Sie sich entscheiden, luzides Träumen mit Methoden zu induzieren, die Ihren Schlaf stören, achten Sie darauf, dass Sie insgesamt genügend Schlaf bekommen. Für Erwachsene liegt die empfohlene Schlafdauer bei mindestens sieben Stunden pro Nacht. Möglicherweise brauchen Sie sogar noch mehr Schlaf, wenn Ihr Schlaf durch luzide Träume gestört wurde. Ein kleiner Tipp aus dem täglichen Leben: Stellen Sie sich unter der Woche keinen Wecker, um Träume hervorzurufen, aber am Wochenende schon.
Am Wochenende fällt es oft einfacher, mal etwas länger zu schlafen. Traumtagebuch führen, meditieren und Reality Checks machen kann man aber getrost auch unter der Woche
Mythen über luzide Träume
Dadurch, dass das luzide Träumen noch ein wirkliches Nischenthema ist, welches nicht stark erforscht ist und dennoch mit großer Begeisterung einher geht, ist es von vielen Mythen umwoben. Räumen wir also mal mit den Wichtigsten auf:
Du kannst nicht zwischen Realität und Traum unterscheiden.
Luzide Träume können sich sehr wahrhaftig anfühlen, das stimmt. Dennoch wirst du immer in der Lage sein, zwischen einem Traum und dem realen Leben zu unterscheiden. Solltest du wirklich mal zweifeln, kannst du jederzeit einen Reality Check machen und überprüfen, ob du träumst. Dazu kannst du zum Beispiel einfach deine Finger zählen. Im Traum wirkt die Hand oft verschwommen oder man hat mehr Finger als normalerweise.
Du stirbst im wirklichen Leben, wenn du in einem Traum stirbst.
Filme wie Inception haben für solch einen Mythos gesorgt. Diese Annahme ist jedoch falsch. Menschen, die häufig luzide Träume haben, können gelegentlich Schlaflähmungen oder falsches Erwachen erleben. Diese können beängstigend sein, lösen sich aber im Allgemeinen von selbst auf. Zu sterben ist in erster Linie in Träumen sehr selten und wenn man wirklich mal davon träumen sollte, zu sterben, lebst du trotzdem im echten Leben weiter.
Du kannst in Träumen stecken bleiben.
Auch dieser Mythos ist falsch. Du wirst immer wieder aufwachen. In den meisten luziden Träumen kannst du sogar auf Kommando aufwachen, wenn du es wirklich willst. Obwohl es nicht viele Gründe gibt, dies zu tun, haben die meisten Menschen den gegenteiligen Wunsch: sie würden viel lieber länger im Traum bleiben.
Fazit zu Gefahren des luziden Träumens
Luzides Träumen ist noch nicht sehr ausgiebig erforscht. Genau aus diesem Grund gibt es einige Aspekte des luziden Träumens, bei denen eine gewisse Vorsicht geboten sein sollte.
Leidest du zum Beispielen unter Psychosen oder anderen psychologischen Vorerkrankungen, solltest du dich definitiv mit deinem*r behandelnden Arzt*in oder Therapeuten*in besprechen, bevor du dich an die Welt des luziden Träumens wagst.
Zusätzlich solltest du bei Schlafunterbrechungen Vorsicht walten lassen.
Es ist noch nicht ganz nachgewiesen, welche Effekte häufige Unterbrechungen des Schlafes haben. Was jedoch bekannt ist, ist dass eine gut gepflegte Schlafhygiene ein wichtiger Bestandteil unserer Gesundheit ist. Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, kannst du die Methoden anwenden, welche keine Schlafunterbrechungen benötigen.
Reality Checks und das Führen eines Traumtagebuchs gelten als gefahrenlose und essentielle Bestandteile im Lernprozess von luziden Träumen. Trotz der Risiken, eröffnet Klarträumen eine breite Palette an Möglichkeiten der Selbstentfaltung und du kannst viel über dich lernen. Mit der richtigen Herangehensweise und den richtigen Maßnahmen, sind dir in deinen Träumen keine Grenzen gesetzt.